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Der Umbau der Energiesysteme muss beschleunigt werden

Reges Interesse am traditionellen Energieanlass des Hightech Zentrums Aargau

Die zahlreichen Herausforderungen, aber auch praxisnahe Lösungen der Schweizer Energiezukunft standen im Zentrum des Energieanlasses 2022 des Hightech Zentrums Aargau (HTZ). Rund 140 Personen nahmen an der ganztägigen Informationsveranstaltung im Technopark Aargau in Brugg teil.

Fünf Megatrends stünden für die Schweizer Energiezukunft, erläuterte Gastgeber Dr. Peter Morf, Leiter des HTZ-Schwerpunkts Energietechnologien und Ressourceneffizienz: Dekarbonisierung, regenerative Stromerzeugung, Elektrifizierung und Effizienzsteigerung, E-Mobilität, Energiespeicherung und Energiespeichersysteme. Diese Megatrends waren bereits am HTZ-Energieanlass 2016 präsentiert worden. Aus heutiger Sicht sei allerdings eine deutliche Beschleunigung der Entwicklung in allen Bereichen unabdingbar, um die Energiestrategie 2050 – die CO2-freie Stromversorgung – tatsächlich umzusetzen. Die grösste Herausforderung liegt im Ersatz der Atomenergie ab 2030. Fossile Kraftwerke steuern noch knapp einen Drittel an die gesamte Stromproduktion bei (18,5 von 60 Terrawatt-Stunden pro Jahr). Aber allein das Potenzial für Photovoltaik (Solarstrom) und Windenergie betrage ein Mehrfaches davon. Morf wies auch darauf hin, dass die Infrastruktur für die Batteriespeicherproduktion in Europa wesentlich dynamischer ausgebaut werde als noch vor kurzem erwartet.

Der Aargau leistet seinen Beitrag

Der Kanton Aargau werde den möglichen Beitrag zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 leisten, versicherte Regierungsrat Stephan Attiger, Vorsteher des Departements Bau, Verkehr und Umwelt. Nicht zuletzt sei der Aargau ein idealer Standort für ein kurzfristiges Notkraftwerk und ein Gaskraftwerk. Als grösstes Problem im Zusammenhang mit der Versorgungssicherheit bezeichnete Attiger die «Winterlücke», das heisst die Abhängigkeit der Schweiz von Stromimporten während des Winterhalbjahres. Ein grosses Fragezeichen hängt über den Stromimporten aus Frankreich. Die zweite grosse Herausforderung in den nächsten 10 bis 15 Jahren, der Ersatz der Atomenergie, setzt laut Regierungsrat Attiger einen Effort voraus. Bei der Umsetzung der Energiestrategie des Aargaus stehen drei Massnahmen im Vordergrund: Die Teilrevision des Energiegesetzes, die Umsetzung der Solaroffensive und die Erweiterung des Förderprogramms für Erneuerbare Energiequellen. Attiger erklärte, im Bereich der erforderlichen Gesetzesanpassungen sei der Kanton auf Weichenstellungen durch den Bund angewiesen. Zudem seien etliche praktische Fragen (Netzabgeltung und umweltrechtliche Auflagen für die Industrie, Verbrauchseinschränkungen für Private) offen.

Energiewende braucht auch Platz

Zwischen Versorgungssicherheit und Klimaschutz bestehe kein Widerspruch, sie gingen sogar «Hand in Hand», betonte Dr. Gianfranco Guidati in seiner Keynote. Guidati ist Manager Energieforschungsprojekte am Energy Science Center der ETH Zürich und er leitet das Projekt DeCarbCH. Die Energiewende basiere auf drei Säulen: Erstens Elektromobilität, die eine intelligente Ladeinfrastruktur voraussetzt. Zweitens Wärmepumpen, die wo immer möglich installiert werden sollten. Drittens Photovoltaik, die für Neubauten obligatorisch werden müssten. Raumplaner müssten genügend Platz schaffen für Freiflächen-Photovoltaik (auch entlang von Autobahnen) und Solarthermie, für alpine Photovoltaik und für Windstromanlagen, und für oberflächennahe Wärmespeicher. Zielführend sind unter anderem auch ein Ausbau der Wasserkraft und Geothermie, eine intelligentere Verwendung von Biomasse und Abfall und die CO2-Speicherung. Um bis 2050 das Ziel der Treibhausgasemissionen «Netto null» zu erreichen, müssten sämtliche der sich bietenden Massnahmen ergriffen werden.

Brugg als «Wasserstoff-Hub»

Auch im Rahmen des HTZ-Energieanlasses 2022 wurden eine Reihe von Forschungs- und Entwicklungsprojekten vorgestellt, die einen Beitrag zum Umbau des Energiesystems leisten könnten. Zu den Varianten, erneuerbare Energien effizienter zu nutzen, gehört die Umwandlung von «grünem» Strom in andere Energieträger («Power-to-X»), zum Beispiel in Wasserstoff. In Brugg wird zurzeit ein innovatives Kollaborationsprojekt für diese Sektorkopplung vorangetrieben: Im Zentrum steht die Errichtung einer Wasserstoffproduktionsanlage. Partner sind drei Aargauer Unternehmen: Die Axpo Power AG will den Wasserstoff herstellen. Die Voegtlin-Meyer AG betankt ihre Postautoflotte mit Wasserstoff und bietet diesen in ihren Tankstellen an. Die IBB Energie AG will die bei der Produktion anfallende Abwärme in ein Fernwärmenetz einspeisen. Das Projekt liegt bei Stadt und Kanton zur Prüfung vor, angestrebt wird die Inbetriebnahme im zweiten Quartal 2024.