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Komplexe Schichten im Griff haben

Der letzte Anlass des Schwerpunkts Werkstoff- und Nanotechnologien des Hightech Zentrums Aargau im schwierigen Jahr 2020 war ein Experiment. Erstmals wurde der Praxiszirkel «Functional Coatings» virtuell per Videokonferenz durchgeführt. Eine erfreulich grosse Zahl Teilnehmer folgte den beiden Fachreferaten, diskutierte das Thema des Anlasses – Komplexe Schichtsysteme – und erlebte die erfolgreiche Premiere einer virtuellen Tour durch die Labors der Empa Thun mit ihren Hightech-Messgeräten und innovativen Beschichtungsanlagen.

Eine treue Community

Fast alle der angemeldeten Personen durften das HTZ und nano.swiss am Nachmittag des 3. Dezember auch tatsächlich im Teams-Chat begrüssen. Die Referenten der Nova Werke AG, Dr. Stephan Siegmann, und des Empa-Labors für Werkstoff- und Nanomechanik, Dr. Johann Michler, legten sich mächtig ins Zeug. Sie boten in ihren Fachreferaten einen Einblick, wie komplexe Beschichtungen – ob dünn oder dick – heute designt, optimiert und charakterisiert werden können.

Die Teilnehmenden liessen sich auf den neuesten Stand bringen, wie man trotz des bei komplexen Schichtsystemen stets auftretenden «materials development dilemma» mit einer extrem hohen Zahl möglicher Kombinationsmöglichkeiten eine Optimierung von Schichteigenschaften erzielen kann. Dies passiert nicht nur durch den zunehmenden Einsatz von Machine Learning, sondern auch durch speziell für diesen Zweck entwickelte Probenhalter, Probenraum-Geometrien und flexibel kombinierbare Technologien für Beschichtungsanlagen. Sogar die Co-Deposition von Nanopartikeln in der Matrix einer konventionellen PVD-Beschichtung ist möglich und erlaubt ganz neue Materialeigenschaften – zum Beispiel Kupferlegierungen, die durch Zusatz von Nanopartikeln eines anderen Metalls bis hin zu hohen Temperaturen gegen Kornwachstum stabilisiert sind. Beim thermischen Spritzen dicker Schichten kommt beispielsweise noch hinzu, dass man Suspensionen von Materialien oder Materialgemischen dort der Flamme oder dem Plasma zusetzt, wo die direkte Zufuhr als Pulver oder Draht auf Schwierigkeiten stösst. So werden tatsächlich alle drei Phasen von Ausgangsmaterial spritzbar: Fest,  flüssig und gasförmig.

Virtuelle Diskussion und virtuelle Labortour

Auch wenn sich der typische, intime Rahmen eines Praxiszirkels online nur begrenzt abbilden lässt, nutzten die Teilnehmenden dennoch die Gelegenheit, Fragen zu stellen und mit den Referenten oder untereinander zu diskutieren.

Eine ganz neue Erfahrung war die virtuelle Labortour, die einen animierten Einblick in die Infrastruktur bot, welche man heute für Schichtentwicklung und -charakterisierung benötigt – um so mehr, wenn man die Eigenschaften komplexer Schichten wissensbasiert optimieren will. Dies reicht von bekannten Test- und Analyseverfahren bis hin zu besonderen Methoden, wie der Messung von mikromechanischen Eigenschaften von Schichten. Durch das besondere Setting bekamen die Teilnehmenden des Praxiszirkels Einblicke in das Innenleben der Geräte, wie man sie auf einer «realen» Tour aus Gründen der Sicherheit der Teilnehmenden (und der Instrumente!) in dieser Weise sonst nicht bekommt.

Mit dieser guten Portion «Live-Feeling» ging der einzige Praxiszirkel Functional Coatings des Jahres 2020 als runde Sache zu Ende. Auch wenn die virtuelle Form Spass gemacht hat, freuen wir uns doch darauf, unsere Community im neuen Jahr wieder persönlich treffen zu können.

(nano.swiss / M. Morstein)