Der Name sagt es: Ein Halbfabrikat ist noch nicht fertig. Es bildet die Grundlage. Es ist das Material, aus dem ein Produkt gefertigt wird. Die Beschaffenheit des Halbfabrikats entscheidet über die Qualität des Endprodukts und den reibungslosen Prozess der Herstellung. Die Adrian Michel AG in Walde weiss, wovon die Rede ist.

"Das Hightech Zentrum hat uns Türen geöffnet und tatkräftig unterstüzt."

Adrian Meyer, Adrian Michel Group

Das Problem kam schleichend. Nicht über Nacht. Die Ränder der gestanzten Teile flitterten immer mehr aus. Es kam zu Unterbrüchen im Produktionsablauf. Zum Teil mussten teure Stanzwerkzeuge ersetzt werden. Der Termindruck stieg. Wie die Kosten auch. Als Verursacher wurde rasch das angelieferte Halbfabrikat ausgemacht. Im vorliegenden Fall Bandstahl.

Flitter sind filigrane Teilchen, die sich bei der Bearbeitung eines Werkstoffs bilden können. «Sie verursachen hohe Reparaturkosten und führen fast unweigerlich zu Lieferproblemen, wenn man die versprochene Qualität einhalten will», bestätigt der Verantwortliche für die Stanzwerkzeuge bei der Adrian Michel AG, Adrian Meyer. Das Problem wiegt umso schwerer, wenn grosse Auflagen betroffen sind. «Wir sprechen hier von mehreren Hunderttausend Stück», sagt Meyer. «Ein reibungsloser Ablauf über längere Produktionszeiten im Rahmen der vorgegebenen Toleranzen ist für uns unabdingbare Voraussetzung, um unseren Ansprüchen an Qualität und Termintreue gerecht zu werden.»

Die Adrian Michel AG in Walde fertigt im Auftrag hochpräzise Stanzteile. Der Einsatz der einzelnen Teile könnte unterschiedlicher nicht sein – er reicht von der Kaffeemaschine bis hin zu Hightech-Apparaten für die Medizintechnik –, die Anforderungen an die Verarbeitung aber sind immer gleichbleibend hoch. Darum werden auch an das Ausgangs­material höchste Ansprüche gestellt.
Den Bandstahl kauft die Adrian Michel AG nach den gängigen und handelsüblichen Normen und Spezifikationen ein. Das Material gab über Jahre keinen Grund zur Beanstandung. Bis sich Anfang 2015 die ominöse Flitterbildung störend bemerkbar machte. Die einschlägigen Untersuchungen und Tests, die umgehend bei auswärtigen Labors in Auftrag gegeben wurden, zeigten keine Abweichungen von der verlangten Norm.

Das Problem liegt tiefer – im Kern der Materie

Als KMU der Metallverarbeitungsbranche verfügt die Adrian Michel AG über ausgewiesene Kompetenzen, aber nicht über die Ressourcen und das Fachwissen, sämtliche hochtechnischen und komplexen Probleme intern lösen zu können. Dazu ist das Unternehmen auf Fachkräfte von ausserhalb angewiesen. Der Kontakt mit dem Hightech Zentrum Aargau und die daraus entstandene Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW brachten die Lösung.

Die Verantwortlichen der Adrian Michel AG gelangten im Frühjahr 2015 an das Hightech Zentrum Aargau. Vor Ort in Walde wurde das weitere Vorgehen besprochen. Schnell war klar: Das angelieferte Halbmaterial musste weiteren Tests unterzogen werden. Auf Initiative des Technologie- und Innovationsberaters Beat Bachmann wurden an der FHNW umfangreiche und aufwändige Werkstoffanalysen durchgeführt. Diese zeigten chromkarbidische Ausscheidungen an den Korngrenzen des metallischen Gefüges. Solche Ausscheidungen entstehen aus der Verbindung von Chrom und Kohlenstoff. Sie beeinträchtigen die Korrosions- und Bearbeitungseigenschaften massiv. Die Ursache der Flitterbildung war gefunden.

Um vor unliebsamen Produktionsunterbrüchen und zusätzlichen Kosten, verursacht durch mangelhafte Halbfabrikate, in Zukunft geschützt zu sein, wird die angelieferte Ware einer exakten Eingangsprüfung unterzogen. Material, das den Anforderungen nicht standhält, gelangt so erst gar nicht in den Produktionsablauf. Ausserdem wird bereits bei der Bestellung explizit auf die verlangte Materialqualität hingewiesen. Fehlerhafte Halbfabrikate bleiben bei der Adrian Michel AG in Walde künftig aussen vor.