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Fokusthema #5 Kreislaufwirtschaft: Fragen an das Hightech Zentrum Aargau

Im Rahmen des Fokusthemas #5 Kreislaufwirtschaft von Aargau Services, wurde mit Reto Eggimann, Technologie- und Innovationsexperte beim Hightech Zentrum Aargau, ein Interview zum Thema Kreislaufwirtschaft und deren Bedeutung für die Wirtschaft im Kanton geführt. Reto Eggimann zeigt auf, dass es viele Aargauer Unternehmen und Start-ups gibt, die innovative Lösungen entwickeln, damit Materialien und Stoffe in den Verwertungskreislauf zurückgeführt werden können. Das Hightech Zentrum Aargau steht vielen dieser Unternehmen unterstützend mit Know-how zur Seite.

Sie führen im Juni einen Praxiszirkel zum Thema Kreislaufwirtschaft durch. Wen sprechen Sie damit an und was soll während der Veranstaltung erreicht werden?

Reto Eggimann: Mit den so genannten Praxiszirkeln bietet das Hightech Zentrum Aargau kleinere Fachveranstaltungsreihen zu unterschiedlichen und stets wechselnden Themenbereichen an. Mit diesem speziellen Format wollen wir in erster Linie Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen aus Unternehmen ansprechen. In der Regel erreichen wir damit Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, welche an einem gezielten und konstruktiven Wissens- und Erfahrungsaustausch interessiert sind. Aber auch Experten und Expertinnen von Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind hochangesehene Gäste, da sie zu relevanten Themen aktuelles Wissen und neuste Trends aus der Forschung einbringen können. Die Kreislaufwirtschaft hat sich branchenübergreifend zu einem notwendigen Megatrend entwickelt. Überall ist die Erkenntnis gereift, dass unsere Konsumgesellschaft sorgsamer mit den Ressourcen umgehen muss und der Wechsel von einer Linearwirtschaft, also Wegwerfwirtschaft, hin zu einer regenerativen Kreislaufwirtschaft vorangetrieben werden muss, in der Ressourcen und Materialien in den Kreislauf zurückgeführt werden.
Im Rahmen der Praxiszirkel-Reihe sollen Unternehmen anhand erfolgreicher Praxisbeispiele sowie neuster Erkenntnisse aus der Forschung inspiriert und informiert werden und die Möglichkeit erhalten, sich zu vernetzen. Unternehmen, welche Kreislaufprojekte in ihrem Tätigkeitsbereich umsetzen wollen, werden Kooperations- und Fördermöglichkeiten mit entsprechenden Anlaufstellen angeboten. Denn Unternehmen sind auf Know-how von aussen sowie Austausch und beispielsweise Kooperationen mit Hochschulen angewiesen, um so die Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens vorantreiben zu können.

Welche Chancen und Nutzen sehen Sie in der Kreislaufwirtschaft?

Reto Eggimann: Auf den ersten Blick erscheint es einleuchtend, dass das Schliessen von Stoffkreisläufen, indem Rohstoffe also immer wieder von neuem verwendet und so dem Verwertungskreislauf zurückgeführt werden, der nachhaltigste und ressourcenschonendste Weg ist. Allerdings sind zirkuläre Lösungen nicht zwingend immer auch nachhaltig.
Beim Wiedereinsatz von Materialien sowie Produkten stösst man oftmals auf Herausforderungen, damit diese auch wirklich ökologisch sinnvoll zurückgeführt und recycelt werden können. Der ökologische Aufwand für Sammlung, Rückführung, Aufbereitung und Recycling muss gegenüber der klassischen Entsorgung (KVA) einen klaren Vorteil aufweisen. Um diese Herausforderung zu lösen, sind Ansätze gefragt, bei denen das Design der Produkte und die Wahl und Zusammensetzung der eingesetzten Materialien die Möglichkeit der Rückführung in den Kreislauf ermöglichen. Wir sehen daher in der Entwicklung kreislauffähiger(-er) Produkte grosse Chancen. Produkte mit einem so genannten "Ökodesign", die u.a. modularer, langlebiger oder giftfrei sind, können einfacher und umweltgerechter recycelt und so sinnvoll in Stoffkreisläufe zurückgeführt werden.

Welche Herausforderungen sehen Sie für Unternehmen in der Umsetzung?

Reto Eggimann: Aus Funktionsgründen oder auch aufgrund optischer Anforderungen ist es nicht immer einfach, bestehende Produkte kreislauffähig zu gestalten. So kann beispielsweise ein Textilhersteller von Funktionskleidung aus funktionalen Gründen nicht auf gewisse Materialien verzichten. Das erschwert jedoch massiv die Wertstoffrückführung.
Im Bauwesen stellt die Produktion von Recyclingbeton in gleichwertig hoher Qualität wie herkömmlicher Beton eine grosse Herausforderung dar, um nur mal zwei Beispiele zu nennen.

Wie zahlt sich das Thema Kreislaufwirtschaft für Unternehmen aus?

Reto Eggimann: Einerseits zeigen Erfahrungen aus eigenen Kundenprojekten, dass die Kreislaufwirtschaft Chancen für ganz neue Geschäftsmodelle bietet. Beispielsweise stellen wir am kommenden Praxiszirkel zwei Firmen vor, welche durch neue Geschäftsmodelle überhaupt erst entstanden und seit Jahren damit erfolgreich unterwegs sind. Andererseits erzielen Firmen Kosteneinsparungen, wenn Design, Produkte und Prozesse im bestehenden Business kreislauffähig(-er) werden, beziehungsweise durch Einsparungen bei Entsorgung, Umweltabgaben oder durch mehr Langlebigkeit. Die gängige Meinung, dass ökologischere Produkte immer automatisch auch teurer sind, wurde schon mit vielen Beispielen widerlegt.

Überwiegen bei diesem Thema wirtschaftliche Einschränkungen oder Chancen?

Reto Eggimann: Ich bin durch die bereits genannten Gründe klar der Überzeugung, dass die Chancen überwiegen und zukünftig zunehmen werden, auch, weil sich Umweltprobleme und Ressourcenknappheit leider noch weiter verschärfen werden.

Können Sie uns Beispiele nennen, die das Hightech Zentrum Aargau unterstützt hat?

Reto Eggimann: Wir haben bereits einige Firmen unterstützt und ich kann Ihnen an dieser Stelle stellvertretend zwei Unternehmen nennen: zum einen die Oeko-Service Schweiz AG. Das Unternehmen hat sich die Vermeidung und Verringerung von Abfällen auf die Fahne geschrieben und möchte damit Ökologie und Ökonomie miteinander in Einklang bringen. Zum anderen sei hier die Swiss Combi - W. Kunz dry Tec AG erwähnt: ein innovatives Engineeringunternehmen, welches ein nachhaltiges Verfahren zur Herstellung von Düngergranulat, aus dem Überangebot an Gärresten und Gülle, entwickelt hat.

Können Sie uns ein erfolgreiches Projekt im Aargau nennen?

Reto Eggimann: Die SwissShrimp AG ist ein Beispiel, das für mich ein Vorzeigeprojekt ist. Jährlich werden etwa 9000 Tonnen Shrimps, vorwiegend aus Asien, in die Schweiz importiert. Diese werden häufig unter prekären Arbeitsbedingungen produziert, sind vielfach mit Antibiotika belastet und müssen wegen des langen Transports in die Schweiz tiefgekühlt werden. Die Firma SwissShrimp hat eine Shrimps-Produktion in Rheinfelden aufgebaut. Der Standort ist ganz bewusst gewählt: Hier kann die vorhandene Abwärme aus den Salinen wie auch das Salz für eine nachhaltige Produktion direkt genutzt werden. So können fangfrische und garantiert antibiotikafreie Shrimps direkt in der Schweiz produziert werden. Zudem konnte eine wiederverwertbare, temperaturstabile Verpackung für den Versand der frischen Shrimps in Kooperation mit dem Hightech Zentrum Aargau sowie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW realisiert werden. Die Firma hat dafür schon einige bedeutende Nachhaltigkeitspreise gewonnen.

Wo sehen Sie den Kanton Aargau beim Thema Kreislaufwirtschaft 2030?

Reto Eggimann: Der Aargau ist ein sehr breitaufgestellter Industriekanton mit vielen innovativen KMU sowie Forschungseinrichtungen und Institutionen wie der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) oder dem Paul Scherrer Institut (PSI). Die vielen innovativen Firmenprojekte im Bereich Ressourceneffizienz, welche wir im Rahmen unserer Tätigkeiten mit dem Hightech Zentrum Aargau begleiten dürfen, zeigen mir, dass die Aargauer Wirtschaft gut unterwegs ist und die Chancen zu nutzen weiss.

Das Interview wurde geführt von Anja Borchart, Projektleiterin Standortmarketing, Standortförderung Kanton Aargau

Anja Borchart
Projektleiterin Standortmarketing
Anja Borchart
Telefon: +41 62 835 24 49

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