Wer sich unter Hightech und Nanotechnologie modernste Gebäude, beste Lage und eine edle Firmenlobby vorstellt, wird geradezu schockiert. Die Eulitha AG residiert in einem schmucklosen Gewerbekomplex in Kirchdorf – unweit der Stadt Baden – direkt neben einer lärmigen Autogarage. Der Eingang ist ein schlichtes Garagentor und nur wer genauer hinsieht, erkennt einen Reinraum und ein paar Personen in Schutzanzügen. Aber: Bei der Eulitha AG wird an den technischen Möglichkeiten von übermorgen geforscht, entwickelt und gearbeitet.

Unübersehbar steht eine Anzahl grosser Holzkisten zum Versand bereit. Eine geht an ein Institut in Leipzig, eine andere Box nach Japan. Dr. Harun H. Solak, CEO und Gründer der Eulitha ist sichtlich stolz, den Weltmarkt zu beliefern: «Hauptkunden unserer Technologie sind Japan, die USA und China», erklärt er. Bei rund 90% der Produkte, die Kirchdorf verlassen, kenne er die ungefähre Anwendung beim Kunden. Bei 10 Prozent aller Aufträge habe er aber keine Ahnung, sagt er.

Spin-off des PSI

Die Firma Eulitha wurde 2006 im Kanton Aargau gegründet. Seine Gründer – Dr. Harun Solak und Prof. Jens Gobrecht – arbeiteten seinerzeit beide im Labor für Mikro- und Nanotechnologie am Paul Scherrer Institut in Villigen Harun Solak als Entwicklungsleiter, Jens Gobrecht als Bereichsleiter der Gruppe Mikro- und Nanotechnologie. «Wir sind ein Spin-Off des Paul Scherrer Instituts und waren ursprünglich im Bereich EUV-Interferenz-Lithographie tätig. Das ist die Arbeit mit extrem kurzwelligem UV-Licht zur Strukturverkleinerung in der Halbleiterindustrie», erläutert Solak. Auf dieser Grundlage stieg Eulitha in den Markt ein, erweiterte seine Produktpalette bald um eine hochmoderne Elektronenstrahl-Lithographie-Technologie und kündigte 2010 eine neue bahnbrechende Technologie an, welche die Herstellung von periodischen Nanostrukturen stark vereinfacht – die Technologie, welche heute das Rückgrat der Firma bildet.

«Nano kann alles verändern»

«Diese Technologie ist absolut einzigartig, sehr kompliziert und komplex, aber die Möglichkeiten sind immens», betont Harun Solak begeistert. «Die Nanotechnologie kann alles ändern», davon ist er überzeugt. Die Chance sei, diese Technologie kosteneffizient und auf Grossserien anzuwenden. Generell sei der Knackpunkt die Nanostrukturen auf grössere Flächen zu bringen. «Oft sind wir ja nur ein kleiner Baustein bei der Produktion, darum sind die Kosten entscheidend.»

«Wir gehen ganz tief ins Produkt rein»

«Was wir eigentlich machen, ist Lichtmanagement», erklärt Verkaufsleiter René Wilde. «Für Displays in TV-Geräten, Mobiltelefonen und Virtual Reality-Brillen, aber auch in Solarzellen, LED-Chips und Lasern. Dazu gehen wir ganz tief ins Produkt rein. Es geht um die Lichtlenkung und die Lichteffizienz. Wir führen das Licht und erhöhen die Lichtausbeute. Das gelingt uns gut, aber preislich sind wir gegenwärtig erst für einige der vielen möglichen Anwendungen in der Industrie interessant. Wir arbeiten in diesem Feld auch für die Forschung und diverse Institute weltweit. Dorthin liefern wir oft auch fertige nanostrukturierte Teile. Ein weiteres Gebiet sind die LCDs (Flüssigkristallanzeigen). Da geht es um eine völlig neue Generation von TV-Geräten. Unsere Kunden sind einige der globalen Marktführer. Wir arbeiten an einem neuartigen Polarisator (Wellenfilter), zu dem wir die Anlage und den Herstellprozess liefern. Auch da ist es eine sehr flache und präzise Nano-Gitterstruktur, mit Linien und Tälern. Der Effekt ist weit mehr Helligkeit und Transparenz. Kurz gesagt: Wir geben weniger Energie rein und holen mehr raus. Die grosse Herausforderung ist dieses Substrat in der gewünschten Fläche herzustellen. Unserem Kunden schweben Panelgrössen von zwei auf drei Meter vor. Dies vor dem Hintergrund einer 4K- oder künftigen 8K-Ultra HD-Auflösung – also bis 33 Millionen Pixel.» Weitere Bereiche der Anwendung des Eulitha-Know-how sind Smartphones, die immer dünner werden sollen und auch Eyeboxes (Virtual Reality-Brillen).

«Einer der wichtigsten Anlässe für uns ist die Messe "SPIE Photonics West" in San Francisco», erklärt Verkaufsleiter René Wilde. Das sei der weltweite Treffpunkt für die Photonik und Laserindustrie. Konstrukteure und Lieferanten präsentieren auf dieser Fachmesse die neuesten Entwicklungen und Techniken. «Die Swissness ist für uns sicher ein Vorteil. Wo genau man in der Schweiz domiziliert ist, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Was für uns zusätzlich positiv mitspielt, ist der Vertrauensbonus durch die Wurzeln der Firma im Paul Scherrer Institut (PSI). Unsere Kunden wollen einfach sicher sein, dass wir wissen, wovon wir sprechen. Da sind unsere zahlreichen weltweiten Patente natürlich eine gute Referenz.»

Viele Innovationen verlassen die Schweiz

«In der Schweiz werden viele Innovationen geschaffen, leider sind die Strukturen in der Schweiz zu begrenzt und so gehen viele Entwicklungen spätestens mit der Produktion an die grossen Player des globalen Marktes ins Ausland», erläutert Solak. Die Produktion der Eulitha-Anlagen findet jedoch auch zukünftig im Aargau statt, wo man vom guten Förderungsumfeld und qualifizierten Arbeitskräften profitiere.

Boom Lasertechnologie

«Der Bereich Laser hebt im Moment völlig ab» betont Solak.  Auch hier gehe es darum, Licht zu führen. Der Fokus liege auf dem sogenannten Transmitter (Sender). «Wir gehen die Strukturen an und sehen eine grosse Chance, die Informationsgeschwindigkeit zu erhöhen». Eine Nanogitter-Struktur soll die Lösung bringen. «Wenn man weiss, dass die Chinesen jeden Monat 1,5 Millionen 4-Zoll Saphir-Wafer mit Nano-Layers beschichten, um LEDs und zunehmend Laser als deren Ersatz zu produzieren, erahnt man das künftige Ausmass dieser Technik», stellt Solak fest. Als eine weitere, wichtige Anwendung dieser Technologie erwähnt Solak den Bereich Pharma und Gesundheit. «In der Medizin, der Pharmaherstellung und insbesondere im Diagnosebereich wird die Nanotechnik vieles verändern», meint er.