Aargauer Klimatech-KMU Anergytec AG hat eine innovative Systemlösung zwecks Wärme- und Kälterückgewinnung entwickelt.
Eine Maxime gilt für private Immobilien sowie für Gewerbebauten und Industrieanlagen mehr denn je: Den Energieverbrauch senken und den Treibhausgas-Ausstoss drosseln. Dieses Gebot gilt gerade auch in Bezug auf das Gebäudeklima. Die Anergytec AG aus Suhr hat mit Unterstützung des Hightech Zentrums Aargau eine zukunftsträchtige Systemlösung für Lüftungsanlagen zur Marktreife gebracht.
Anergytec AG – der Firmenname ist Programm: Die Aargauer Anergytec AG fokussiert strategisch auf Energieeffizienz, präziser noch: auf Anergie, also die nicht direkt nutzbare Energie. Anergytec unterstützt Unternehmen, Behörden und Private dabei, Anlagen und Immobilien energieeffizienter zu gestalten. Bei «anix», der ersten Eigenentwicklung des 2019 gegründeten KMU, handelt es sich um ein System zur Wärme- und Kälterückgewinnung in kreislaufgekoppelten Lüftungsanlagen. Im Zentrum steht ein kältetechnisches Gerät, das die bestmögliche Nutzung des energetischen Potenzials der Luftströme erlaubt. Es stellt die ausgekoppelte Wärme auf dem gewünschten Temperaturniveau zur Verfügung.
Das anix-System erfordert keine Neuinstallation, sondern kann bei bestehenden Lüftungsanlagen auf einfache Weise nachgerüstet werden und lässt sich schnell amortisieren. Das System wurde in erster Linie für energieintensive Anlagen in grösseren Objekten konzipiert. Allein in der Schweiz gibt es rund 22'000 solcher Anlagen, beispielsweise in Supermärkten, Hotels, Spitälern, Fabrikationsbetrieben oder Wohnbauten.
Anergytec konnte bei der aufwändigen Entwicklungsarbeit auf starke externe Unterstützung zählen. Gemeinsam mit dem Institut Nachhaltigkeit und Energie am Bau INEB der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW in Muttenz und dem Hightech Zentrum Aargau (HTZ) wurde zunächst eine Förderstudie in Angriff genommen. Im Rahmen einer international ausgerichteten Recherche des HTZ am Institut für Geistiges Eigentum IGE in Bern wurde die patentrechtliche Lage gecheckt. Danach konnte die IP-Strategie definiert werden. Die nachfolgende Machbarkeitsstudie ist ein bewährtes, schweizweit einmaliges Förderinstrument des HTZ. Gemeinsam mit einem Team des INEB ermöglichte es die Studie, die ökologischen Vorteile des anix-Systems bei einem konkreten Anwendungsfall zu quantifizieren: Die fossile Heizenergie wurde um drei Viertel verringert, die CO2-Emissionen um zwei Drittel gesenkt, während der Primärenergie-Aufwand um über 30 Prozent reduziert werden konnte.
Es folgte ein umfangreiches Innosuisse-Förderprojekt. Mit den gemeinsam mit der FHNW entwickelten Berechnungstools konnten die Anlagengrösse, der optimale Funktionsumfang und die Rentabilität schnell beurteilt werden. In einem Supermarkt eines Grossverteilers in Kloten wurde die erste seriennahe Prototypenanlage während mehreren Monaten getestet. An jener Heizzentrale sind auch 35 Wohneinheiten angeschlossen. Anfang 2024 wurde das Förderprojekt erfolgreich abgeschlossen. Das System funktionierte störungsfrei und erreichte die angestrebten Effizienzsteigerungen auf eindrückliche Weise, wie HTZ-Experte Reto Eggimann sagt. Mit der Anlage lassen sich jährlich 68'000 Liter Heizöl sparen, womit der Restölbedarf noch einen Sechstel beträgt. Die CO2-Emissionen sanken um 160 Tonnen. HTZ-Experte Eggimann zum Systemnutzen: «Anergytec leistet einen wertvollen Beitrag zur dringend notwendigen Dekarbonisierung des Bereichs Gebäudeklima, vor allem im Hinblick auf den Baubestand. Das System kann die Effizienz bestehender Lüftungsanlagen mit Kreisverbundsystem massiv steigern.» Die Serienproduktion wurde in einer redimensionierten Auslegung begonnen. Bei der Vermarktung legt Anergytec den Fokus vorerst in erster Linie auf Grossanlagen und Neubauten.
Die Anergytec AG finanziert sich aktuell unter anderem mit Beratungen, Energiekonzepten und der Planung von Gebäudeautomationslösungen. Das anix-System stellt einen wichtigen Pfeiler für die mittel- und längerfristige Entwicklung dar. Das betreffende System-Know-how floss bereits in ein weiteres Referenzprojekt mit ein: Für einen Schweizer Kunden wurde für eine grössere Eventhalle eine Kälteanlage gebaut, welche primär die im Sommer benötigte Klimakälte erzeugt. Zwecks hoher Ausnutzung und Rentabilität des Systems wird während der Heizperiode ein Teil der benötigten Wärme mittels Nutzung der Anergie in der Fortluft der Lüftungsanlagen erzeugt.
«In jenem Projekt gelang uns ein Spagat zwischen Kältetechnik und Gebäudetechnik, der keinem Standard entspricht», freut sich Anergytec-Geschäftsführer Beat Gut. Das Unternehmen habe sich klar unterscheiden können von den Mitbewerbern. Es konnte eine effiziente Lösung erarbeitet und umgesetzt werden, welche insbesondere auch dem Denkmalschutz optimal Rechnung trägt. Aufgrund der geschützten Baustruktur durfte der Betreiber auf dem Gebäudedach keine Rückkühler platzieren. Markus Huber, bei Anergytec Leiter Entwicklung, ergänzt: «Die Anlage erlaubt geringere Betriebskosten, als dies bei einer Standard-Kältemaschine der Fall wäre.»