In der Geschichte der Bang&Clean Technologies AG in Othmarsingen beginnt ein weiteres vielversprechendes Kapitel: 2023 wird ein neues Produkt zur Kessel-Reinigung europaweit eingeführt. Bei dessen Entwicklung war das Hightech Zentrum Aargau stark engagiert.

Kessel von Kehrichtverbrennungsanlagen lassen sich mittels kontrollierter Gasexplosionen sicher und effizient reinigen. Auf dieses Verfahren ist die Bang&Clean Technologies AG (B&C) aus Othmarsingen seit ihrer Gründung 2001 spezialisiert. Ihr Name ist Programm: «Bang & Clean» – «Knallen und Reinigen». Gesäubert werden Kessel und Feuerräume in Industrien, deren Energie- und Stromerzeugungsanlagen mit unterschiedlichen Brennstoffen betrieben werden: Kehrichtverbrennungsanlagen, Kraftwerke, Metallschmelzwerke, Papierfabriken, Chemieanlagen und Ölraffinerien.

Druckwelle löst Asche und Schlacke

Die von B&C entwickelte Reinigungstechnologie wurde vor 20 Jahren erstmals patentiert. Das Funktionsprinzip: Eine Hülle aus High-Tech-Materialien wird am Ende einer Lanze im verschmutzten Ofen in Position gebracht, danach mit einem Brenngas und Sauerstoff gefüllt. Dieses Gasgemisch wird durch einen elektrischen Impuls gezündet. Die Explosion verursacht eine Druckwelle, wodurch sich Asche und Schlacke von den Membranwänden und Kesselrohren lösen. Notwendige Anzahl und Stärke der Explosion hängen von der Grösse der Anlage und dem Verschmutzungsgrad ab.

Das Verfahren kann in Anlagen mit Temperaturen bis zu 1200°C angewendet werden. Für die komplette Reinigung eines gängigen Kessels einer Kehrichtverbrennungsanlage sind rund 150 «Schüsse» erforderlich.

HTZ lancierte eine Machbarkeitsstudie…

B&C und das Hightech Zentrum Aargau (HTZ) kooperieren bereits seit 2018 erfolgreich. Damals wurde auf Initiative des HTZ eine umfangreiche Machbarkeitsstudie durchgeführt. Als Forschungspartner konnte das Institut für Energiesysteme und Fluid-Engineering der ZHAW School of Engineering in Winterthur gewonnen werden. Erarbeitet wurde ein Modell, mit dem sich die Folgen der Explosions-Reinigungstechnik für die Gaskesselstruktur wissenschaftlich berechnen lassen. Dies war für die Beurteilung der Reinigungseffizienz ebenso bedeutsam wie für die Einschätzung von Sicherheitsaspekten. Dieses Wissen war bei der Gewinnung neuer Kunden nützlich und spielte eine wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung des Reinigungssystems.

…danach folgte ein Innosuisse-Projekt

2020 konnte das eingespielte Team eine nächste Forschungsstudie in Angriff nehmen, die massgeblich von Innosuisse, der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung, unterstützt wurde. Im Zentrum stand erneut die Kesselreinigung in Verbrennungskraftwerken durch Gasdetonationen, diesmal jedoch bei Explosionen ohne Schutzhülle. Umfangreiche theoretische und praktische Arbeiten führten wiederum zu zählbaren Ergebnissen. Darauf basierte die Entwicklung eines vollständig automatisierten Kesselreinigungsystems, dessen Technologie sich stark an der Funktionsweise der Basistechnologie des Spezialpapiersacks orientierte. Die Neuentwicklung «CloudEx» wurde im August 2022 in der Schweiz eingeführt. 2023 wird das System in Westeuropa lanciert.

Zwei Systeme aus einer Hand

«Mit diesem neuen Produkt sind wir der erste Anbieter weltweit, der sowohl ein mobiles als auch ein fest installiertes Reinigungssystem anbieten kann», erklärt Reto Steiner, Forschungs- und Entwicklungschef von B&C. Zahlreiche Kunden wünschten eine Kombination beider Technologien. Bang&Clean hat sich eine starke Marktstellung erarbeitet. Alle Produkte sind heute online («Internet of Things») vernetzt. Moderne Data-Science-Methoden wie etwa Machine Learning erlauben es, wichtige Erkenntnisse aus den gewonnenen Daten zu generieren, welche beispielsweise Prognosen zum Zustand der Kundenanlagen ermöglichen. B&C unterstützt Kunden bei Effizienzsteigerungen und hilft, die Energieerzeugung im Verhältnis zum ausgestossenen CO2 zu erhöhen.

B&C nimmt einerseits mit eigenen Teams Kesselreinigungen bei laufendem Betrieb vor. Andererseits vergibt das Unternehmen Nutzungsrechte. Weltweit wenden mehr als zwei Dutzend Lizenznehmer die mobile B&C-Technologie «PressureWave+» zur Reinigung von mehreren hundert Anlagen an.

Grosses Marktpotenzial

Am Firmensitz in Othmarsingen arbeiten 13 Personen. Dort sind Forschung & Entwicklung sowie die Produktion angesiedelt, auch werden Kundenschulungen durchgeführt. Inklusive Tochterfirmen in Westeuropa und Asien zählt B&C 50 Beschäftigte. Das Marktpotenzial ist beträchtlich, doch B&C will sich nachhaltig weiterentwickeln und qualitativ wachsen. Unternehmensgründer Markus Bürgin hat schon vor Jahren die Weichen für eine interne Nachfolgeregelung gestellt. Aktuell trägt er die operative Verantwortung gemeinsam mit dem früheren Leiter Forschung & Entwicklung, Marc Keusch. Nach einer Übergangsphase wird Keusch die Gesamtleitung übernehmen, Bürgin wird sich auf das Verwaltungsratspräsidium konzentrieren.

Nächstes Forschungs- und Entwicklungsprojekt im Visier

Bang&Clean verfügt mit den zwei Technologien im Portfolio über eine vielversprechende Ausgangslage. Ihr Innovationsdurst ist damit aber nicht gestillt. Nächstes strategisches Ziel ist der Einstieg in die Reinigung von Biomassekesseln. Dies setzt eine Anpassung am Prozess und an Systembauteilen voraus. «Wir begleiten und unterstützen Bang&Clean gerne auf dem eingeschlagenen Innovationsweg weiter», erklärt HTZ-Technologie- und Innovationsexperte Reto Eggimann. B&C sei exemplarisch dafür, welche Innovationsfortschritte ein KMU bei zielgerichteter Unterstützung erreichen könne. Der Antrag für ein nächstes Forschungsprojekt wurde Ende März 2023 eingereicht. Reto Steiner von B&C ergänzt: «Wir sind davon überzeugt, dass auch dieses Projekt dank der Unterstützung durch das HTZ dazu beitragen wird, unser Produkt für zusätzliche Märkte weiterzuentwickeln.»

www.bang-clean.ch

Markus Bürgin, Geschäftsführer und Mehrheitsaktionär der Bang & Clean Technologies AG

«Das Hightech Zentrum Aargau ist ein kompetenter, effizienter Partner. Dank ihm fanden wir in kurzer Zeit den geeigneten Hochschulpartner und die passende Finanzierungslösung. Wir erhielten die gewünschten Resultate, um unsere Produkte weiterentwickeln zu können.» www.htz.ch/658

Projektvideo 2019

Video der Präsentation am Jahresanlass 2019