ProjektRestclean AG, Oberlunkhofen

Saubermänner aus dem Freiamt

#1123

Priskus A. Theiler entwickelte in seiner Freizeit ein Gerät zur Entkalkung von Toiletten. Unterdessen beschäftigt er 25 Mitarbeitende. Zusammen mit der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW hat er das Restclean-System noch einmal optimiert.

Auf jede Schweizerin, jeden Schweizer kommen mehr als zwei Toiletten; in Wohnhäusern, Hotels, Restaurants, Büro- und Gewerbegebäuden oder öffentlichen Anlagen. 18 Millionen Stück sind es insgesamt und zwölf Millionen von ihnen sind mehr oder weniger stark verkalkt. Wird nichts dagegen unternommen, kommt es zu erhöhtem Wasserverbrauch durch Mehrfachspülungen, zu Schäden an den Spülkästen, Verstopfungen der Grundleitungen und nicht selten zu Ausbau und Ersatz der ganzen Toilette. Kalkablagerungen gehören zu den Hauptursachen für die Entsorgung von ganzen Toilettenanlagen.

«In der Sanitärbranche», kommentiert Restclean-Gründer Priskus A. Theiler, «herrscht nach wie vor eine gewisse Wegwerfmentalität».

Darauf gestossen ist der heute 65-jährige Unternehmer vor über 20 Jahren. Damals kaufte er mit dem Erlös aus dem Verkauf der elterlichen Schlosserei einen Landgasthof mit vier angeschlossenen Wohnungen.

«Die Toiletten waren komplett verkalkt», erinnert sich der Restclean-Chef.

Experimente im heimischen Keller

Mit einem knapp fünfstelligen Betrag hätten sie ersetzt werden können. Doch mit dieser Offerte gab sich Theiler nicht zufrieden. Er begann mit Pumpen, Schläuchen und diversen Reinigungssäuren zu pröbeln.

Die Toiletten im Gasthof «Buurehof» waren nicht mehr zu retten, aber aus den Experimenten im heimischen Keller entstand nach und nach ein funktionstüchtiges Entkalkungsgerät. Der erste Businessplan sah den Vertrieb als Haushaltsgerät vor. Das Endkundenmarketing hätte allerdings Millionen von Franken gekostet, worauf der Mann, der sich selber als «Bürogummi» bezeichnet, beschloss, selber Toilettenentkalkungen anzubieten.

Der Plan ging auf. Zwei Jahren nach dem Start 2011 stellte Theiler seinen ersten Mitarbeiter ein. Heute erwirtschaftet er mit 25 Angestellten einen Umsatz von knapp sechs Millionen Franken.

Das Gerät von Restclean neutralisiert das abgelagerte Calciumcarbonat in der WC-Schüssel mit Amidosulfonsäure. Den mechanischen Abtrag erledigt ein mit Wasser eingetragenes Nussschalengranulat.

«Eine durchschnittliche Reinigung durch einen unserer Spezialisten dauert bis zur Schlusskontrolle mit der Rohrkamera 90 Minuten», erklärt Theiler.

Zu lange, fand der Jungunternehmer, der seit April AHV bezieht. Er wandte sich ans HTZ, das den Kontakt zum Institut für Thermo- und Fluidengineering der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW herstellte. Im März 2021 setzten die Partner eine Machbarkeitsstudie auf. Sie sollte aufzeigen, wie sich die kinetische Energie des Wassers im Restclean-Gerät erhöhen lässt; und zwar unter bewusstem Verzicht auf die naheliegende Lösung: den Einbau einer leistungsstärkeren und dadurch auch schwereren Pumpe.

Mitarbeitende sparen massiv Zeit

Ende 2021 lagen die Resultate vor. Im Moment läuft am Restclean-Sitz in Oberlunkhofen die Umsetzung. Die Wasserführung zwischen Pumpe und Düsen ist bereits massiv verbessert; sämtliche Teleskopröhren sind durch flexible Silikonschläuche ersetzt. Dadurch hat das Wasser beim Austritt aus dem Gerät eine höhere Geschwindigkeit, was namentlich die Reinigungsleistung des mitgeführten Nussschalengranulats erhöht. Die Arbeitszeit der Restclean-Mitarbeitenden beim Kunden dürfte sich von anderthalb Stunden auf 40 bis 60 Minuten verkürzen. 

200 000 Franken hat Theiler in sein Innovationsprojekt investiert. Jetzt geht die Reise weiter. Im benachbarten Jonen unterhält er ein Schulungscenter für Hauswartungen und Sanitärinstallateure. Stand heute betreut Restclean die Toilettenanlagen in 4000 Liegenschaften in der ganzen Schweiz. Dazu kommen rund 600 Sanitärbetriebe, die ihre Kundeninnen und Kunden bei Kalkproblemen an Restclean weiterweisen.

Im Showroom ist bereits eines der neuen Geräte aufgebaut:

«Damit», so Theiler, «können wir den Besucherinnen und Besuchern noch besser demonstrieren, wie sich die Lebensdauer einer Toilette mit regelmässiger Pflege verlängern lässt».

«Der Kunde ist immer König.»

Kennt sich aus mit Wasserströmen: Beat Ribi leitet das Institut für Thermound Fluid-Engineering der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW

Sie führen ein Institut mit sechs Dozierenden und noch mehr wissenschaftlichen Assistenten und Assistentinnen. Beim Projekt Restclean waren Sie persönlich Ansprechpartner des Unternehmers. Warum?
Nun, der Chef muss auch mal was tun. Nein, im Ernst: Wir teilen die WTT-Projekte in unserem Team auf. Die Aufgabenstellung bei Restclean liegt in meinem Spezialgebiet. Deshalb war ich an der Reihe.

Was unterscheidet die Arbeit mit einem Kleinunternehmen wie Restclean von der Kooperation mit einer Grossfirma?
Bei einem Konzern haben wir meistens ein Gegenüber, dem die Sprache der Wissenschaftlerinnen und Ingenieure vertraut ist. Bei Klein- und Kleinstfirmen fehlt das technische Vokabular mitunter.

Ein Problem für Sie?
Keineswegs. Herr Theiler ist Unternehmer. Er muss nicht wissen, was ein Druckverlustbeiwert ist. Wir haben viele Kundinnen und Kunden mit weniger als zehn Mitarbeitenden. Die Projektleiterinnen und Projektleiter übernehmen in diesen Fällen die Rolle des Übersetzers für den Industriepartner.

Wie lange dauerte es von der Erstbesprechung bis zum Projektstart?
Im vorliegenden Fall konnten wir nach wenigen Tagen die Arbeitspakete definieren. Beim Gerät von Restclean ging es zuerst darum, den Pfad des Wassers zu analysieren und aufgrund unseres theoretischen Vorwissens und unserer praktischen Erfahrung zu erkennen, wo Optimierungsbedarf besteht. Als Problemstellen erwiesen sich schliesslich der Ansaugfilter, das Pumpenrad und etliche 90-Grad-Umlenkungen. Alles zusammen bremst das Wasser und führt zu einem unnötigen Verlust an kinetischer Energie.

Das Projekt mit Restclean war eine Machbarkeitsstudie (MBS). Wie sieht das weitere Vorgehen aus?
Wir erhärteten unsere Hypothesen mit Messungen im institutseigenen Wasserlabor und schlugen gezielte Verbesserungen vor. Dank dem 3D-Druck-Know-how der FHNW waren wir in der Lage, mit relativ tiefem Aufwand Prototypen – etwa eines neuen Pumpenrades – zu produzieren.

Aufwand ist ein gutes Stichwort. Bei kleinen Unternehmen sind auch die Ressourcen beschränkt. Wir gehen Sie damit um?
Wir orientieren uns in jeder Projektphase an den technischen und finanziellen Möglichkeiten des Industriepartners. Negative Überraschungen sind ausgeschlossen. Der Kunde ist immer König.

Was hat der Kunde beim Abschluss eines MBS konkret in den Händen?
Wir übergeben ihm sämtliche Unterlagen: von den Messresultaten aus dem Wasserlabor über die Excel-Tabellen mit unseren Berechnungen bis zu den CAD-Daten der optimierten Prototypen. Wir stellen sicher, dass der Kunde mit unseren Daten bruchlos weiterarbeiten kann.

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