Gut gepflegt haben Oldtimer praktisch kein Verfalldatum. Was aber tun, wenn die elektronische Motorsteuerung ausfällt und Ersatz nicht mehr lieferbar ist? Emil Frey Classics, die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW und das Hightech Zentrum Aargau haben einen innovativen Lösungsweg gefunden.
Erstes Dienstgefährt des Geheimagenten James Bond war der Sportwagen Aston Martin. Bis 1987 wurden 2500 Exemplare der V8-Variante mit 585er-Motor gebaut. Mitte der 1980er-Jahre wurde mit dem Katalysator ein elektronisches Steuergerät eingebaut. Ohne dieses Teil läuft der Motor nicht. Seit ungefähr 2008 ist die Box mit der Steuerungs-Hardware nicht mehr lieferbar. Der Marktpreis für ein funktionierendes Steuergerät aus einem ausrangierten Wagen liegt bei 12'000 Franken. Reparaturen sind nur noch teilweise möglich, denn der Wirkmechanismus der Steuerung ist nicht voll dokumentiert.
Wartung und Restaurierung von „Classic Cars“ gehören zu den Kernkompetenzen der Emil Frey Classics AG. Sie ist eines von 13 „Aston Martin Heritage Centers“. Dieses KMU mit 16 Beschäftigten verfügt aber weder über Mikroprozessor-Kompetenz noch über spezifisches Software-Fachwissen. Darum wandte sich Thomas Lüscher, Mechaniker mit Leitungsfunktion, an das Institut für Mikroelektronik (IME) der FHNW in Brugg-Windisch. Es zeigte sich, dass dieser Fall zusätzlich Fähigkeiten erforderte, über die das Institut für Produkt- und Produktionsengineering IPPE der FHNW verfügt. Das Hightech Zentrum Aargau (HTZ) begleitet das Projekt organisatorisch und fachlich und hat die Forschungsarbeit finanziert.
Beim „Reverse Engineering“ geht es darum, die Funktionalität der Steuerung zu ermitteln und sie auf heutige Steuerungssysteme zu übertragen. Mitte 2018 konnte eine positive Zwischenbilanz gezogen werden. Die Schaltpläne wurden rekonstruiert und die Platine mit der Steuerungsschaltung entschlüsselt. Dies ermöglicht die Reparatur und den Nachbau der Steuerung im Originalgehäuse. Ziel ist die Herstellung eines Prototyps der Steuerungsbox. Aktuell ist die FHNW daran, bei der Innosuisse ein Folgeprojekt zu beantragen. Ziel ist die Entwicklung eines elektronischen Prüfstandes. Früher oder später dürfte das gleiche Problem bei vielen Motoren anderer Marken zu lösen sein.
Thomas Lüscher bezeichnet die Zusammenarbeit mit den Spezialisten der FHNW und mit dem HTZ als „sehr gut, pragmatisch und kundenorientiert“.
„Hier steht die Fähigkeit im Zentrum, Obsoleszenz-Management professionell zu betreiben.“
Das Problem von veralteten, schlecht dokumentierten Elektroniksystemen nehme laufend zu. Reverse Engineering könnte auch im Schienenverkehr, in der Luftfahrt oder in der Kraftwerkstechnik grosse Vorteile bringen.
Das Hightech Zentrum Aargau unterstützt die Emil Frey Classics AG dabei, die elektronische Motorsteuerung für bestimmte Oldtimer der Marke Aston Martin zu rekonstruieren. Nach der Machbarkeitsstudie soll ein weiteres Projekt realisiert werden.