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Die Industrie hat die Zeichen der Zeit erkannt

Das Kunststoff Ausbildungs- und Technologie-Zentrum KATZ in Aarau steht seit 30 Jahren im Dienst der kunststoffverarbeitenden Industrie. Geschäftsführer Rémy Stoll im Interview über Kreislauf-Projekte und das Vorbild PET-Recycling.

Viele Laien denken, man könne Plastik einfach einsammeln, schreddern, einschmelzen und wiederverwenden. So einfach ist es aber nicht. Können Sie uns erklären warum?

Der Begriff Plastik suggeriert, dass wir es mit einem einzigen Werkstoff zu tun haben. In Tat und Wahrheit verbirgt sich dahinter aber eine riesige Menge von verschiedenen Materialien mit unterschiedlichen Eigenschaften. Es beginnt bei den rund 20 Kunststoffsorten im industriellen Einsatz; Polypropylen, PET und Polyethylen sind nur die bekanntesten unter ihnen. Sie alle können mit einer Vielzahl verschiedener chemischer Additive und Farbstoffe vermischt sein; und schliesslich sind die Kunststoffe nach dem Gebrauch oft durch Fremdstoffe verunreinigt. Allein deren Reinigung und Sortierung macht jedes Kreislauf-Projekt zu einer Herausforderung.

Demgegenüber steht eine Industrie, die vor allem zwei Produktionsmethoden kennt: das Spritzgiessen und das Extrudieren. Macht das Ihre Arbeit einfacher?

Definitiv. Es erlaubt uns hier am KATZ, mit sieben Mitarbeitern und rund 50 Anlagen die wichtigsten Verarbeitungsschritte der gesamten Kunststoffbranche abzubilden, deren rund 700 Unternehmen mit 33 000 Mitarbeitenden 17 Milliarden Franken umsetzen. Mit der Kreislaufwirtschaft sind jetzt neue Aspekte dazugekommen; von der Abfallsortierung bis zur Analytik der Sekundärrohstoffe. Die Kunststoffverarbeiter sind in der Regel Teil einer mehrstufigen Wertschöpfungskette. 

Können sie überhaupt Einfluss auf die Kreislauffähigkeit der Endprodukte nehmen?

Allein sind ihre Möglichkeiten tatsächlich sehr beschränkt. Erfreulicherweise gibt es aber immer mehr Unternehmen, die Plastikkreislauf-Projekte vorantreiben, um den Wünschen und Bedürfnissen der Endkundinnen und -kunden zu entsprechen. Ein gutes Beispiel dafür ist der zirkuläre Rucksack von FREITAG.

Worum geht es? 

FREITAG entwickelt Produkte, in denen alle Komponenten – Nähte, Stoffe, Polster oder Verschlüsse – aus demselben Kunststoff hergestellt sind. Das erste Monomaterialprodukt, ein Rucksack aus Polyamid 6, wird laut FREITAG ab dem kommenden Frühling 2024 erhältlich sein. Eine Rücknahmegarantie soll dafür sorgen, dass die Konsumenten ihre alten Rucksäcke dereinst wieder in die Läden bringen. Das Sammelgut kann tel quel geschreddert und wieder der Produktion zugeführt werden.

Bei der Feier zum 30-jährigen Bestehen des KATZ im letzten Juni drehte sich alles um die Kreislaufwirtschaft. Wie war das Echo von ihren Stakeholdern aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft?

Durchweg positiv. Ich behaupte, dass die Schweizer Kunststoffindustrie die Zeichen der Zeit erkannt hat. Der Anteil an Kreislaufprojekten bei unseren Dienstleistungen nimmt zu.

Wo sehen Sie persönlich den grössten Handlungsbedarf?

Das Schweizer Recycling-System für PET-Getränkeflaschen ist vorbildlich. Ähnliche Systeme sollen jetzt für andere Verpackungstypen und andere Kunststoffsorten aufgebaut werden. Kandidaten wären zum Beispiel Shampoo-Flaschen und Früchteschalen aus PET; oder synthetische Fasern von Sport und Berufsbekleidungen.

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