Das HTZ unterstützt das Aargauer Technologie-KMU plc-tec AG seit dessen Gründung als Hochschul-Spin-off. Das Aargauer Unternehmen strebt eine führende Rolle im Bereich Powerline-Kommunikationstechnologie an. Eine zentrale Referenz ist der zukünftige volldigitale Güterzug.

Eine Lokomotive und sieben Waggons der SBB Cargo wurden im Februar 2023 in Lupfig zum Pilot-Güterzug «DAC+» rangiert. Hinter dieser Bezeichnung steckt der Begriff «Digitale Automatische Kupplung» DAK. Die DAK steht im Zentrum eines Forschungsprojekts, das vom Bundesamt für Verkehr mitfinanziert wird. Ihr Herzstück ist das von der plc-tec AG aus Hägglingen entwickelte Kommunikationssystem «Powerline PLUS Train Backbone» (PTB). Hinter dem Testzug steht ein Konsortium aus SBB Cargo, Hochschule Luzern (HSLU), plc-tec AG, PJ Messtechnik sowie Voith. Bis Ende Juli hat der Testzug in der Schweiz zahlreiche Rangiertests und neun Testfahrten absolviert und dabei mehr als 2’500 Kilometer zurückgelegt.

Kupplung von Stromleitungen und Datenkommunikation

Der Digitalisierungs- und Automatisierungstrend hat den schienengebundenen Güterverkehr vergleichsweise spät erfasst. Beim Pilotzug DAC+ wird die traditionelle, manuelle mechanische Verbindung zwischen den einzelnen Waggons durch eine automatische mechanische Kupplung, inklusive der Druckluftleitungen sowie der Strom- und Datenübertragung, ersetzt. Das PTB-Kommunikationssystem der plc-tec AG wurde zuvor bereits in einem Güterzugtest auf Fahrten in sieben europäischen Staaten auf einer Strecke von mehr als 10'000 Kilometern eingesetzt und hat sich in den technischen und betrieblichen Tests bewährt. Im August 2023 verblieb in diesem Technologiewettbewerb nurmehr eine Konkurrenzlösung.

Zuverlässigkeit und Sicherheit im harten Betriebsalltag

Im Rahmen des Projekts DAC+ stehen während eines Jahres verschiedene automatisierte Funktionen mit dem PTB-Kommunikationssystem auf dem Prüfstand. Die Ergebnisse werden in die europäische Weiterentwicklung der DAK einfliessen. Die plc-tec AG könnte mit ihrer kabelgebundenen und auf Zuverlässigkeit optimierten Technologie eine Schlüsselrolle bei der Modernisierung des Schienengüterverkehrs spielen. Diese Technologie erlaubt zudem die Integration von Sensoren für die kontinuierliche Überwachung des Zustands von kritischen Komponenten, was den europäischen Schienengüterverkehr sicherer macht. Zuverlässigkeit in den Betriebsprozessen ist bei der DAK entscheidend. Bei der Lösung der plc-tec werden die Daten über die elektrischen Stromleitungen und -kontakte in der DAK übertragen, womit separate und störanfällige Datenkontakte vermieden werden. «Erfreulicherweise ist die Schweiz hier mit SBB Cargo – in enger Zusammenarbeit mit der plc-tec – sowohl technologisch als auch bezüglich Anwendungen und Tests stark engagiert», würdigt Dr. Marcus Morstein, Technologie- und Innovationsexperte des HTZ, das Forschungsvorhaben.

Spin-off der Hochschule Luzern

Die plc-tec AG wurde 2014 als Spin-off der Hochschule Luzern (HSLU) gegründet. Geschäftsführer Prof. Ulrich Dersch war Gründer, Dozent und bis 2021 Leiter des Kompetenzzentrums Intelligent Sensors and Networks an der HSLU. Der Name des KMU ist Programm: Die plc-tec entwickelt und vermarktet eigene PLC-Applikationen. PLC steht für Power Line Communication, das heisst für eine Technik, die vorhandene elektrische Leitungen zum Aufbau eines lokalen Netzwerks zwecks Datenübertragung nutzt. Somit erübrigen sich zusätzliche Datenkabel, elektrische Kontakte und Stecker. Die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger Gewicht, geringere Komplexität und tiefere Kosten. Für die plc-tec stehen die Marktbereiche Flugzeuge und Güterzüge im Vordergrund. Ihre Lösung adressiert insbesondere Applikationen mit höchsten Zuverlässigkeits- und Echtzeitanforderungen. Die Mission des Unternehmens: Leader für die Powerline-Kommunikationstechnologie mit höchsten Anforderungen zu werden. Die plc-tec arbeitet auch in internationalen Forschungsprojekten mit.

Erfolgreiches FFAG-Projekt…

Seit den Anfängen der plc-tec AG pflegen das KMU und das Hightech Zentrum Aargau einen engen Kontakt. Das HTZ fungiert einerseits als Sparringpartner, andererseits leistet es Unterstützung im Rahmen von Forschungsprojekten. 2021 konnte ein Innovationsvorhaben initiiert werden, das vom Forschungsfonds Aargau (FFAG) finanziert wurde und welches nun einen wesentlichen Beitrag für das Projekt DAC+ darstellt. Die Kernfrage lautete: Wie lassen sich analoge Schaltungen eines PLC-Modems für verschiedene Anforderungen optimieren? Priorität hatte die Einhaltung strengster Normen bezüglich elektromagnetischer Verträglichkeit (EMV) in Passagierflugzeugen. Können diese Anforderungen erfüllt werden, so eröffnet sich für die plc-tec beträchtliches zusätzliches Umsatzpotential.

…mit der FHNW

Ein Hauptansatzpunkt war das Modul für die Kopplung der Datensignale auf die Stromleitungen. Als Forschungspartner konnte das Institut für Automation der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW gewonnen werden. Das FFAG-Projekt wurde im Februar 2023 erfolgreich abgeschlossen. «Die Ergebnisse des EMV-Tests fielen sehr positiv aus und sind essenziell für die Zertifizierung des Modems», erläutert HTZ-Experte Marcus Morstein. Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse wurde ein optimiertes Koppler-Modul für das PLC-Modem gebaut.

Kooperation von hohem Wert

«Die Kooperation mit dem HTZ ist für uns von unschätzbarem Wert», bilanziert Ulrich Dersch, Geschäftsführer der plc-tec AG, und fügt an: «Wir sind ein KMU, das sich primär auf die Technologie, Produktentwicklung und Netzwerkbildung konzentrieren muss. Das HTZ hilft uns auf unterschiedlichsten Gebieten, die zusätzlich erforderlich sind. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen Institutionen mit ähnlichem Anspruch ist die starke persönliche Verbindlichkeit der Experten und deren grosse Erfahrung. In ihren technischen Gebieten sind die Ansprechpartner im HTZ echte Fachleute. Damit ist das HTZ auch für den Kanton Aargau von hohem Wert.»

Video vom Jahresanlass 2023