ProjektAlporit AG, Boswil

Dämmplatten mit besserem Flammschutz

#1015

Die Alporit AG plant, 2024 Produktsegmente mit verbessertem Brandverhalten auf den Markt bringen

Das Hightech Zentrum Aargau hat die Alporit AG aus Boswil bei der Entwicklung eines strategisch relevanten Produktes unterstützt, das bald marktreif werden soll. Die Produktionsfirma aus der swisspor-Gruppe arbeitet mit Hochdruck an der industriellen Umsetzung der Resultate einer erfolgreichen Machbarkeitsstudie.

Die Alporit AG gehört zum wachsenden Kreis jener Unternehmen, die bereits seit Jahren mit dem Hightech Zentrum Aargau (HTZ) einen regen Austausch pflegen. Die Anfänge des aktuellen «Innovationsfalls» reichen bis ins Jahr 2018 zurück. Der damalige Forschungs- und Entwicklungsleiter der Alporit-Mutterfirma swisspor AG kontaktierte damals den HTZ-Technologie- und Innovationsexperten Beat Bachmann. Beim Schweizer Marktleader stand – nicht zuletzt aus Wettbewerbsgründen – die Grundlagenentwicklung eines neuen Produkts: ein extrudierter Polystyrol-Hartschaum-Dämmstoff (XPS), der halogenfrei ist.

Abkehr vom Zusatzstoff Brom

Dämmplatten aus XPS weisen eine Reihe vorteilhafter Eigenschaften auf. Sie verringern den Wärmeverlust von Gebäuden, besitzen dauerhaft hohe Druckfestigkeit, sind chemisch beständig und nehmen kaum Wasser auf. Schweizer Brandschutzvorschriften setzen für Dämmstoffe, die im Hochbau verwendet werden, eine Brennbarkeitsklassifizierung voraus. Herkömmliche Produkte erfüllen die betreffenden Kriterien, weil sie bromhaltige Flammschutz-Additive enthalten. Solche halogenhaltige Baustoffe werden allerdings aus Umweltschutzgründen je länger, desto weniger toleriert und sind bereits für mehrere Nachhaltigkeitslabel für Gebäude ein «No-Go».

Machbarkeitsstudie mit dem HTZ

Zeitsprung: Die Alporit AG ist auf der Suche nach einer tauglichen Alternative zu halogenierten Flammschutzmitteln fündig geworden – auch dank der Unterstützung durch das HTZ: Eine gemeinsam konzipierte, umfangreiche Machbarkeitsstudie konnte 2021 abgeschlossen werden. Als Forschungspartner hatte das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT in Pfinztal (Baden-Württemberg) gewonnen werden können. Beim ICT waren während mehr als zweieinhalb Jahren drei Mitarbeitende mit dem herausfordernden Projekt beschäftigt. «Der Nutzen der Kooperation mit dem ICT und dem HTZ ist für uns sehr hoch», erläutert Dr. Volker Brombacher, Forschungs- und Entwicklungsleiter der swisspor AG. Durch jene Machbarkeitsstudie habe das Unternehmen die Lösung für die Entwicklung eines patentierfähigen Produkts gefunden. Dies verschaffe swisspor im Wettbewerb ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal, gibt es doch auch international (noch) keine direkt vergleichbaren Produkte für den Hochbau. Die Hauptkonkurrenten stammen aus den umliegenden Ländern.

Industrielle Umsetzung

Nach dem Abschluss der Machbarkeitsstudie wurde das «Upscaling» gestartet: Die im Labor und auf Pilotstufe positiven Projektergebnisse mussten auch auf einer Grossanlage bestätigt werden. Auch standen anwendungsbezogene Produkttests auf dem Programm. Ausserdem wurde der Projektrahmen erweitert: Das evaluierte Flammschutzmittel, ein phosphorbasiertes Material, soll auch im Bereich der Expandierten Polystyrol-Dämmstoffe (EPS) eingesetzt werden. Eine Herausforderung wird in der Preisbildung liegen: Die Verwendung von halogenfreiem Flammschutzmaterial dürfte aus heutiger Sicht zu einem Anstieg der Produktkosten im niedrigen zweistelligen Prozentbereich führen. Das Unternehmen ist zuversichtlich, dass der Markt den Mehrwert der innovativen Neuentwicklung honorieren wird und das Unternehmen damit die angestrebte Trendsetter-Rolle tatsächlich wird spielen können.

swisspor und Alporit

Die swisspor-Gruppe mit Sitz in Steinhausen (ZG) ist Schweizer Marktleader. Sie dämmt und dichtet Gebäude «von der Bodenplatte über die Aussenwand bis hin zum Dach». Ihre Produktionsgesellschaft Alporit AG in Boswil wurde 1947 gegründet und beschäftigt aktuell 145 Personen. Sie offeriert hochwertige Dämmstoffe und Abdichtungsmaterialien, zu einem grossen Teil aus eigener Produktion, für den Hochbau und die Haustechnik. Wärmedämmplatten aus extrudiertem Polystyrol-Hartschaum (XPS) haben sich in den letzten zehn Jahren zu einem Hauptprodukt entwickelt. Nach einem sehr guten Geschäftsjahr 2022 präsentiert sich der Geschäftsgang der Alporit AG auch per Mitte 2023 zufriedenstellend.

Film: Innovationsprojekt Alporit

Nachgefragt beim Forschungspartner: Christoph Mack, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT

Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT ist als Forschungspartner in das Projekt mit der Alporit AG und dem Hightech Zentrum Aargau involviert – mit wie vielen Ressourcen?

Im Wesentlichen waren drei Mitarbeitende während über zweieinhalb Jahren mit dem Projekt beschäftigt. Indirekt waren etliche weitere Personen involviert. 

Wie nah dran sind Sie persönlich? 

Ich war Projektleiter seitens Fraunhofer ICT und gemeinsam mit den Kollegen Carl-Christoph Höhne und Andre Bachert  für die Recherche, Planung, Abstimmung und Durchführung des Projekts zuständig.

Gab es im Zusammenhang mit diesem Projekt eine besondere Herausforderung für Sie beziehungsweise das Institut?

Die Entwicklung von halogenfrei flammgeschütztem XPS selbst war eine grosse Herausforderung und mit einem hohen  Risiko behaftet. Umso höher ist das erfolgreiche Ergebnis zu bewerten. Gerade das Testen neuer Additive ist im  Schaumprozess anspruchsvoll, da dieser oft selbst durch kleinste Mengen von Fremdstoffen empfindlich gestört werden kann. Das führt dazu, dass selbst wirksame, flammschützende Additive nicht automatisch auch zu einem guten Schaumprodukt führen. 

Hat diese Kooperation für das Institut einen besonderen Nutzeffekt, der hier erwähnt werden könnte?

Das Institut hat sein Know-how im Bereich halogenfreier Flammschutzmittel und deren Anwendung in der Entwicklung  von thermoplastischen Schäumen erweitert.

Welche Rolle spielen solche Machbarkeitsstudien mit dem HTZ für das Fraunhofer ICT?

Machbarkeitsstudien, welche in direkter Kooperation mit Industriepartnern durchgeführt werden, sind das täglich Brot  eines Forschungsinstituts wie unseres. Dabei wird ständig neues Wissen generiert, welches zum einen dem Kunden hilft, seine Problemstellung zu lösen. Zum anderen hilft es uns, einen substantiellen und ständigen Wissensaufbau zu  generieren.

Wie würden Sie die Kooperation mit dem HTZ qualifizieren?

Die Kooperation mit dem HTZ war sehr gut und vor allem pragmatisch und lösungsorientiert. Diese Arbeitsweise fördert  einen guten Umgang miteinander und sorgt am Ende für eine schnelle und effiziente Bearbeitung der Aufgabenstellung.

Ihr Institut?

Wir sind eines der ältesten Fraunhofer-Institute. Das ICT wurde bereits 1959 gegründet. Aktuell beschäftigen wir 540  Personen am Institut. Das Vollzeitäquivalent liegt bei etwa 400 Köpfen. Unser Umsatz betrug 2020 43,5 Millionen Euro. Wir sind gemeinnützig und damit nicht gewinnorientiert.

Zur Person: Christoph Mack

Ich bin 37 Jahre alt und Maschinenbauingenieur. Seit 2012 bin ich am Fraunhofer ICT fest angestellt und im Bereich  Schäumtechnologien tätig. Seit 2017 bin ich Gruppenleiter des Teams Schäumtechnologien.

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